SHAHD

“Die Malerei ist mein Space, wo ich mich total frei ausdrücken kann. Ich bin dabei in meiner eigenen Welt, in der ich keine Grenzen habe. Das tut mir gut, denn Grenzen erlebe ich genug im Alltag.”

Vor 6 Jahren habe ich meine Familie und meine Heimat in Syrien verlassen. Jetzt studiere ich Malerei an der Hochschule für Grafik und Buchdruckkunst in Leipzig. Die Malerei ist mein Space, wo ich mich total frei ausdrücken kann. Ich bin dabei in meiner eigenen Welt, in der ich keine Grenzen habe. Das tut mir gut, denn Grenzen erlebe ich genug im Alltag.

Zuletzt habe ich im Heim für unbegleitete minderjährige Geflüchtete gearbeitet. Ich würde gerne wieder etwas Soziales machen, am liebsten mit Kindern und Jugendlichen. Ich mag es, mich um sie zu kümmern und mit ihnen befreundet zu sein. Ich liebe es, junge Menschen zu beobachten, weil ich viel von ihnen lerne. In Gesprächen mit ihnen erlebe ich, wie motiviert und zugleich offen sie manchmal sind. Das inspiriert mich.

Ich glaube, wir Menschen können so viel voneinander lernen, vor allem, wenn wir uns mit anderen Kulturen beschäftigen und sie kennenlernen. Dadurch können wir zum Beispiel auch Minderheiten einen Raum geben. Leider bleiben viele Privilegierte in ihrer Komfortzone – sie geben weniger darauf zu verstehen, wie es anderen Menschen geht, weil sie es in ihrem sicheren, vertrauten Rahmen unter Gleichgesinnten nicht nötig haben. Mir ging es in Syrien genauso und erst seit ich in Deutschland bin, verstehe ich, wie wichtig und bereichernd der Austausch mit Anderen ist. 

In ein Land zu ziehen, wo die Menschen oft ganz andere Einstellungen haben, hat mich zurückhaltender gemacht. Ich muss oft erklären, wie ich bin und warum ich so bin. Gleichzeitig hat mich dieser Umgebungswechsel sensibilisiert für das, was ich an meiner Kultur habe. Zu Hause hat es mich oft genervt, wenn Angelegenheiten immer in der Gruppe gelöst wurden. Zum Beispiel wenn es auf der Straße ein Problem gab und direkt von überall her Menschen zusammenkamen, um eine Lösung zu finden. Auf deutschen Straßen interessiert es kaum jemanden, was beim Anderen passiert. Jetzt erst sehe ich das Schöne daran, wenn man füreinander einsteht und sich gegenseitig unterstützt. Dafür bin ich sehr dankbar.

RONJA

“Ich bin immer wieder begeistert, wie durch die Nutzung des Körpers und seine Bewegungsfähigkeit der stimmliche Ausdruck Veränderung erfährt. Der Körper ist die Stütze der Stimme.”

In wenigen Wochen hat das Stück, für das ich aktuell Regieassistentin bin, im Theater der Jungen Welt in Leipzig Premiere. Die Vorbereitungen sind diesmal ganz besonders, denn wir proben und spielen draußen. Das Stück ist ein theatraler Stadtrundgang über die Friedliche Revolution ’89 in Leipzig, bei dem eine Darstellerin und ein Theatervermittler junge Menschen nebst Eltern spielerisch durch die Stadt führt.

Ich bin gelernte Sprechwissenschaftlerin und Logopädin. Die Ausbildung zur Logopädin war ein Blitzgedanke – ich wollte eigentlich Französisch studieren, aber das war mir zu viel Regel-Gepauke. Nachdem dann über die Logopädie mein Interesse am körpergebundenen Sprechen und Artikulieren geweckt wurde, habe ich noch ein Studium der Sprechwissenschaft in Halle drangehangen.

Ich möchte mich gerne in diesem Bereich selbstständig machen und besonders Schauspielstudierende coachen. Ich möchte sie an das körperbasierte Arbeiten heranführen, das Aufwärmen von Körper und Stimme mit ihnen trainieren und die Grundpfeiler für körpergebundenes Sprechen und Artikulieren stärken. Ich bin immer wieder begeistert, wie durch die Nutzung des Körpers und seine Bewegungsfähigkeit der stimmliche Ausdruck Veränderung erfährt.

Der Körper ist die Stütze der Stimme. Das spüre ich auch selbst immer wieder, wenn ich singe oder performe. Ich bekomme oft das Feedback, dass ich auf der Bühne entspannt und lustig wirke. Ich glaube, anderen Menschen mit meiner Darstellung Freude zu bereiten ist etwas, was ich besonders gut kann.

Bei der Vorstellung, mit einem Campervan in Portugal herumzufahren und zu surfen, spüre ich Leichtigkeit. In Marokko würde ich auch gerne mal aufs Brett steigen, dort soll es herrliche Surfstrände geben. Und dort gibt es auch nochmal neue kulturelle Besonderheiten zu entdecken. Ich habe direkt die Medinas im Kopf, diese historischen Altstädte, die auch Weltkulturerbe sind. Nach Südamerika zieht es mich auch, wegen der krassen landschaftlichen Vielfalt. Dort würde ich aber nicht alleine reisen wollen, sondern am liebsten eine Tour mit Freunden aus Peru und Kolumbien machen.

NANS

“Beim Schreiben nehme ich die Welt als Fluss wahr, in den ich meine Füße halte. Je nachdem, an welchem Ort ich bin, schreibe, denke und fühle ich anders.”

Ich bin in Paris geboren und in den Bergen von Grenoble aufgewachsen. Von den Alpen aus zog es mich mit gut 17 Jahren in die Welt. Seitdem bin ich ein “territory bastard”, ein Nomade. Ich lebe immer da, wo ich bin.
Jetzt, mit Mitte 40, versuche ich eine Heimat zu finden. Ich suche ein Haus bei meiner Familie in der Normandie, um später ein Dach über dem Kopf zu haben. Und ich glaube auch, dass ich in diesem Leben erfahren soll, wie es ist, einmal irgendwo sesshaft zu werden.

Das nomadische Leben macht für mich aus mehreren Gründen Sinn. Zum einen glaube ich an die lebendige Form des Seins, in der sich alles ständig bewegt, wo Gefühle und Gedanken kommen und gehen. Deshalb gibt es in meinen Augen auch keine universelle Wahrheit, sondern immer nur die eigene Wahrnehmung der Welt. Zum anderen schreibe ich Gedichte und nehme beim Schreiben die Welt als Fluss wahr, in den ich meine Füße halte. Je nachdem, an welchem Ort ich bin, schreibe, denke und fühle ich anders. Das beeinflusst und bereichert meinen Ausdruck.

Als Schriftsteller, Schauspieler und Moderator ist Sprache mein wichtigstes Instrument. Schon während meines Studiums der Philosophie und Kunstgeschichte hat mich die Ausdruckskraft von Sprache fasziniert. Mit jeder Sprache, die ich spreche, bin ich immer jemand anders und entwickle einen neuen Charakter. In Deutschland zum Beispiel halte ich mich ein bisschen mehr zurück und verhalte mich ruhiger als in Frankreich, wo ich durchaus laut und aufgeweckt bin.

Im Austausch mit anderen Menschen ist mir zuhören wichtiger als reden. Wer zuhört, öffnet sich für andere Menschen. Und auch für die Natur, die permanent zu uns spricht. Leider ist unsere Welt in vielen Teilen seelisch flach, es geht immer ums Ego und ums Geld. Ich glaube aber, dass der Zugang zur Spiritualität irgendwann zurückkommt. Immerhin sind wir alle sterblich. Vielleicht würde uns ein bewusster Umgang mit dem Tod dabei helfen, im Hier und Jetzt zu leben, statt immer schon an Morgen zu denken. Früher haben die Großeltern die Kinder erzogen, da hat man das Altern der Menschen natürlicherweise mitbekommen und war das Thema Tod ganz automatisch präsent.

Für mich beginnt nun der zweite Teil meines Lebens, für den ich aktuell einen klaren Weg suche. Ich habe schon mehrmals Umbrüche erlebt, aber jetzt merke ich, dass ich älter werde und dass meine Fähigkeiten zwar zunehmen, aber das soziale Spektrum mit der Zeit immer kleiner wird, wenn man kein gewöhnliches Leben führt. Was kann man damit anfangen? Kunst und Leben, weiter. Und sich so immer wieder erneuern.
Auf persönlicher Ebene denke ich vor allem an meine Gesundheit, weshalb ich angefangen habe, regelmäßig Tai Chi und Atemübungen zu machen. Und auf gesellschaftlicher Ebene wünsche ich mir, meine Kraft und Fähigkeiten in kollektive Projekte einzubringen, sei es ein Filmdreh, ein Event oder eine Ausstellung. Aber jetzt gehe ich erstmal eine Runde in den Garten zum Schreiben.

LALLA

“Ich bin ein totaler Kulturfreak und liebe es, andere Kulturen und Sprachen kennenzulernen. Ich kann andere Menschen in ihrem Denken viel besser verstehen und ihr Verhalten nachvollziehen, wenn ich ihren kulturellen Hintergrund kenne.”

Ich möchte nächstes Jahr meinen Abschluss an der Oberschule richtig gut machen und dann eine Ausbildung als Kinderkrankenpflegerin beginnen. Auf den Beruf bin ich gekommen, als bei einem Projekttag an meiner Schule verschiedene Ausbildungsjobs vorgestellt wurden und ich die nötigen Voraussetzungen und Eigenschaften bei mir erkannt habe.

Mit Kindern kenne ich mich besser aus, als mit Erwachsenen. Das kommt bestimmt auch daher, dass ich als Älteste von fünf Kindern aufgewachsen bin und mich schon immer um meine Geschwister gekümmert habe. Im Herkunftsland meiner Mutter, im afrikanischen Mali, ist es ganz normal, dass das älteste Kind auf die jüngeren Geschwister aufpasst, für sie kocht und Aufgaben im Haushalt übernimmt. Ich habe dadurch schon früh gelernt, meine eigenen Ideen umzusetzen und auf eigenen Beinen zu stehen. Ich komme sehr gut alleine zurecht und merke, dass ich im Kopf viel reifer bin als viele andere junge Menschen in meinem Alter.

Wenn ich könnte, würde ich die ganze Welt bereisen. Ich bin ein totaler Kulturfreak und liebe es, andere Kulturen und Sprachen kennenzulernen. Es ist so spannend zu sehen, wie verschieden Menschen wirklich sind und welche Gemeinsamkeiten es trotzdem gibt. Ich kann andere Menschen in ihrem Denken viel besser verstehen und ihr Verhalten nachvollziehen, wenn ich ihren kulturellen Hintergrund kenne.

Mich reizt beim Reisen, wie es sich anfühlt, woanders zu sein. Ich habe mich lange Zeit für Südkorea interessiert, habe viele Bücher gelesen und versucht, die Sprache zu lernen. Dann kamen auch Indonesien, Thailand und Indien dazu. Ich finde, Asien ist der schönste und bunteste Kontinent, dort zieht es mich zuallererst hin. Wobei ich auch die arabischen Länder sehr spannend finde.

Durch meine Eltern bin ich mit afrikanischen und deutschen Einflüssen aufgewachsen. Was ich an der afrikanischen Kultur sehr schätze, ist die Entspanntheit der Leute. Sie sind sehr gechillt, freundlich und hilfsbereit – jeder Mensch ist ihnen willkommen. Was ich in Deutschland besonders mag ist die Möglichkeit, Arbeit zu finden, die eigene Meinung frei zu äußern ohne dafür angeklagt und verurteilt zu werden und dass es gesetzliche Rechte auch für Kinder gibt.

Meine Familie und mein enger Freundeskreis sind sehr wichtig für mich. Ich weiß heute, wer meine wahren Freunde sind, weil ich gelernt habe, niemandem hinterherzurennen und Nein zu sagen, wenn es sein muss. Wer es wirklich ernst mit mir meint, kann damit umgehen. Echte Freundschaft bedeutet für mich auch, zuzuhören und füreinander da zu sein, egal was ist. Das kann ich nachts besonders gut, denn ich bin eine Nachteule – mit dem Tag fühle ich mich nicht so sehr verbunden. Das haben meine Eltern vielleicht geahnt, als sie mir meinen Namen gaben: Lalla = “die Nacht”.

BJÖRN

“Meine Kinder sind mein charakterlicher Spiegel – sie zeigen mir, wo ich wahrhaftig bin und wo nicht. Klar, ich bin manchmal auch echt wütend auf sie und spüre dennoch eine unbändige Liebe zu ihnen.”

Ich bin Musiker. Ich spiele Schlagzeug, unterrichte, gebe Workshops, werde als “Hired Gun” und Schlagzeugtechniker gebucht. Hier in Leipzig bin ich mit der Blues-Szene verbandelt. Die bisher spannendsten Erfahrungen als Musiker waren zum einen ein Chorprojekt der Uni Leipzig in der Elbphilharmonie Hamburg, wo mich der tierische Klangkörper dieses Gebäudes beeindruckt hat – eine unglaubliche Sound-Architektur. Ein anderes Mal habe ich als Drumtech Stewart Copeland betreut, den ehemaligen Drummer der Band The Police. Ich konnte ihm aus zwei Metern Entfernung beim Spielen über die Schulter gucken, das war sehr eindrücklich.

Ich übe mich immer wieder im Spagat, meiner künstlerischen Seele und meiner Verantwortung als Papa gerecht zu werden. Als Papa von drei Kindern kann ich nicht immer so produktiv sein und aus meinem Talent schöpfen, wie ich möchte. Da frage ich mich auch: Muss es immer um Produktivität gehen? Ich glaube, ich bin schon sehr auf Effizienz gepolt und auch in meinem Umfeld erkundigt man sich eher danach, was jemand gerade macht, anstatt zuallererst zu fragen, wie es der Person geht.

Jedenfalls habe ich zwei Dinge gelernt, die neben allen Verpflichtungen mein Musikerherz lebendig halten: Ich nehme mir abends Zeit, in meinem Raum zu üben und mich auf Projekte

vorzubereiten. Und ich habe das mentale Üben für mich entdeckt. Zudem betreibt meine Frau den Secondhand Shop “Hilde tanzt” im Leipziger Westen und da unterstütze ich sie natürlich, wo ich kann. Da bleibt nicht mehr viel Zeit über.

Wenn ich so überlege, hat sich die wichtigste Weiche für mein jetziges Leben schon mit 17 Jahren gestellt. Ich war damals in der 10. Klasse, spielte seit sieben Jahren Schlagzeug und stand vor der Entscheidung, weiter Schule zu machen oder eine Ausbildung. Ich wollte gerne Hubschrauberpilot werden und bin dafür zur Aufnahmeprüfung bei der Bundeswehr in Berlin gegangen (Heute käme die Bundeswehr für mich aber nicht mehr in Frage!). Als ich danach auf dem Weg von der Kaserne zurück zur Bahn an einem Musikladen vorbeikam, habe ich mir dort spontan ein paar Stöcke gekauft. Einige Tage später kam die Absage von der Bundeswehr und ich hatte mein Zeichen, in welche Richtung ich gehen sollte.

Ich wollte auch immer Papa werden, das war ganz klar. Aber erst mit der Geburt meines ersten Kindes mit Mitte 20 habe ich realisiert, welche Verantwortung man dann trägt. Meine Kinder sind mein charakterlicher Spiegel – sie zeigen mir, wo ich wahrhaftig bin und wo nicht. Klar, ich bin manchmal auch echt wütend auf sie und spüre dennoch eine unbändige Liebe zu ihnen. Egal was hochkommt, ich will einfach immer wieder weitermachen. Und auch als Schlagzeuger möchte ich nicht aufhören, an mir zu arbeiten und will mir noch mit 75 Zeit nehmen, einmal die Woche zu üben. Just keep on keeping on…

ANNA

“Mein Ziel ist ein Master in Meeresbiologie oder Meeresbotanik. Ich möchte die Forschung mit voranbringen, um den Lebensraum für Korallen und andere bedrohte Meeresbewohner zu erhalten. Bis dahin mache ich mich am Strand nützlich und sammle beim Spazierengehen Müll auf.”

Mein momentanes Ziel ist es, mir ein kleines zu Hause in Portugal zu errichten. Am liebsten würde ich in einem Zirkuswagen in Küstennähe leben, irgendwo, wo nicht so viel los ist. Vielleicht kann ich noch dieses Jahr ein Stück Land kaufen und mich mit den Menschen in der Umgebung vertraut machen. Es kann eine Zeit dauern, bis man wirklich angekommen ist und sein neues zu Hause fertig hat, weil alle Veränderungen abgeklärt und die einheimischen Nachbarn Vertrauen gewinnen und abgeholt werden wollen.

Vielleicht lebe ich in fünf Jahren am neuen Ort. Bis dahin möchte ich meine Steuernummer beantragen, als Model arbeiten und mir zusätzlich einen Remote Job suchen, um meinen Lebensmittelpunkt komplett in Portugal zu haben. Davon träume ich seit meinem ersten Besuch vor etwa sieben Jahren. Damals wollte ich Surfen lernen, habe mich ganz schnell in das Land verguckt – und in meinen Surflehrer.

Ich war dann immer öfter dort, so oft, dass ich irgendwann meinen jetzigen Hund adoptiert habe, um nicht so oft hin und her zu fliegen. Die Lösung kam, als ich auf eine Camper-Community gestoßen bin und ein Teil davon werden wollte. Ich habe mir dann einen eigenen Camper gesucht und nach drei Jahren Ausbau kann ich jetzt endlich damit rüberfahren.

Noch bin ich für Biologie in Halle eingeschrieben, wo ich vor zwei Jahren angefangen habe zu studieren. Am liebsten würde ich mein Studium in Portugal beenden, leider gibt es keine Kooperation zwischen der Uni Halle und meiner Wunsch-Uni dort drüben. Mein Ziel ist ein Master in Meeresbiologie oder Meeresbotanik. Ich möchte die Forschung mit voranbringen, um den Lebensraum für Korallen und andere bedrohte Meeresbewohner zu erhalten. Bis dahin mache ich mich am Strand nützlich und sammle beim Spazierengehen Müll auf. Meine Strand-Utensilien sind mittlerweile ein Handtuch und eine Mülltüte. Ich glaube, bei diesem Thema ist noch sehr viel Sensibilisierung nötig. Naturschutz sollte schon in der Schule thematisiert werden.

Meine Faszination für die Meeresbiologie kommt durch Robert Marc Lehmann, der als Meeresbiologe, Tierschützer und Fotograf über YouTube bekannt geworden ist. Er brennt so sehr für seine Sache, dass er mich zum Studium inspiriert hat und seine Arbeit macht mir Mut, dran zu bleiben, auch wenn es trocken sein kann. Zum Glück fiel es mir leicht, nach meiner Steuerlehre nochmal was Neues auszuprobieren, auch wenn mein Umfeld mir wegen der Verdienstaussichten davon abgeraten hat. Hätte es nicht geklappt, hätte ich das nicht als Scheitern angesehen. Und scheinbar sollte alles so kommen – ich bin bei meiner Studienbewerbung nämlich nicht auf die Warteliste gekommen, sondern wurde direkt angenommen.

OLENA

“I went past the demands and cliches about what to be, do and wear at the age of 40/50. Instead of repeating bad habits and being with people who gave me a bad feeling, I began to focus on the people and the things that are important to me and really make me happy.”

I want to be a full-time model. Because that’s what I love to do. Being in front of the camera is like being at home: I feel comfortable, secure and natural.

I’m the smallest of three kids, I have two older brothers. I was born and raised in Ukraine, where I live up to date. My parents were very strict regarding fashion and beauty: no skirts and no make-up was allowed. Then I got into College and started doing Visual Merchandising in an art gallery – my starting point to express myself, I was a promising artist.

Soon after my graduation, I married my husband and our daughter was born. My family became my priority, as it was normal for a mum in my surroundings. So I did a six year maternity leave, I became a house wife and focused on all things but art. By the time my daughter got into school, I started working as a restaurant manager in a Cafe and in a Music Hall, but I wasn’t fulfilled at all. I’ve had a helpful income, but the chapter of art, beauty and aesthetics was totally closed.

When my Mum passed away, I began taking care of my father, which meant I had to be away from home a lot. It was a time of much traveling and feeling stressed – for me it was a mediocre lifestyle. I had issues with my body image, I was eating too much and so I ended up in my late 40’s, feeling paranoid that my life would be over by the time I had reached 50. Only then I realised: I was yet to become the confident, creative and expressive woman which I felt inside!

So I began prioritising myself again, and I went past the demands and cliches about what to be, do and wear at the age of 40/50. I wanted to change something in my life, no matter the circumstances. I wanted to do what brings me joy and nourishes myself. Instead of repeating bad habits and being with people who gave me a bad feeling, I began to focus on the people and the things that are important to me and really make me happy.

What helped me to get there was praying, meditating, living close to nature, nourishing my body and skin, and trying new things, like a lymphatic massage.

I believe a woman is like a flower – she has the power to blossom at any age. And so does my husband. He and I have a strong commitment to face new challenges. With my current wish to go into modeling and my goal to enter the European market, we are facing a transformation in terms of lifestyle and income, and he supports me in every way. Same for my daughter, who is my mental coach and communication assistant. I’m very excited for this journey to come.

FLORIAN

“Heimat bedeutet für mich, soziale Verbindlichkeiten einzugehen und langfristig etwas beizutragen.”

Ich wünsche mir, dass die nächsten Wahlen nicht so schlimm laufen, wie es sich abzeichnet. Ich habe Politik- und Europawissenschaften studiert, beschäftige mich viel mit politischen Themen und finde, dass man die aktuellen Entwicklungen nicht weiter so geschehen lassen kann. Das sage ich auch aus meiner Perspektive als Vater von einem 5-jährigen Sohn.

Ich war lange Zeit ehrenamtlich beim sogenannten “Vergabeteam Leipziger Westen” tätig, bis ich zuletzt der Linken beigetreten bin. Auf diesem Weg möchte ich mich für Themen, die mir wichtig sind, einsetzen, von der Verwurzelung der Menschen in der Stadt Leipzig über soziale Bewegungen bis hin zu Frauenrechtsbewegung und Arbeiterbewegung. Bei all diesen Punkten hat die Linke aus meiner Sicht die notwendigen radikalen Ziele vor Augen.

Als freiberuflicher Stadtführer habe ich auch viel mit der Historie der Stadt Leipzig zu tun. Bei meiner DDR-Tour führe ich Menschen nicht nur durch die Ereignisse im Herbst ’89, sondern versuche an ausgewählten Punkten, die rund 40 Jahre DDR-Prägung (Architektur, Gesellschaft, Politik) etwas differenzierter herauszuarbeiten. Und meine Plagwitz-Tour führt nicht nur durch einen hippen Kiez, sondern setzt sich kritisch mit Gentrifizierung auseinander, vor allem am Beispiel des Bürgerbahnhofs Plagwitz. Bei all meinen Führungen tue ich das, was ich besonders gut kann: frei sprechen, mich auf Menschen einlassen und mit ihnen ins Gespräch gehen. Hören, was sie zu sagen haben, wie sie denken.

Ich finde es – nicht nur im politischen Diskurs – wichtig, wieder eine gute Debattenkultur zu etablieren, wo die Leute nicht bloß auf ihren eigenen Diskussionsgewinn und ihr eigenes Recht aus sind. Aber auch für eine Debatte braucht es erstmal klare Worte. Klare Worte würde ich zum Beispiel gerne öfter für die SUV-Fahrer in der Innenstadt haben, die stören mich nämlich total.

Mein Kiez in Leipzig Alt-West ist meine Heimat. Hier lebe ich mit meiner Freundin und meinem Kind, hier spielt mein liebster Fußballverein BSG Chemie Leipzig und hier gestalte ich das bunte Leben mit. Heimat bedeutet für mich Engagement, Wohlfühlen und Teilhaben, soziale Verbindlichkeiten einzugehen und langfristig etwas beizutragen. Im Nachhinein bin ich froh, dass ich damals nach dem Master-Studium in Journalistik nicht die Motivation für ein abschließendes Volontariat hatte, für das ich zwischen Leipzig und Chemnitz hätte pendeln müssen. Die Weiterbildung zum Gästeführer und meine mittlerweile 5-jährige Selbstständigkeit passen einfach viel besser zu meiner Vorstellung vom heimatverbundenen Leben.

LILLI

“Ich unterrichte als Lehrerin an einer freien Schule. Ich mag es, Menschen für Dinge zu begeistern und finde es so schön zu erleben, wenn bei den Jugendlichen der Funke überspringt – das sind für mich magic moments.”

Ich mache gerne viele verschiedene Dinge, probiere neue Sachen aus, seien es Jobs, Orte zum Leben oder Reisen. Ich könnte keinen Vollzeitjob machen und nur bei einer Sache bleiben. Momentan wohne ich mit meinem Mann und meinem Sohn in einer Wohnung mit Garten in Thüringen und unterrichte als Lehrerin an einer freien Schule Fünft- und Sechstklässler im Fach Werken. Ich mag es, Menschen für Dinge zu begeistern und finde es so schön zu erleben, wenn bei den Jugendlichen der Funke überspringt – das sind für mich magic moments.

Ich bin total glücklich mit der Natur direkt vor der Haustür und der Möglichkeit, ein offenes zu Hause zu haben, wo Leute einfach vorbei kommen können. Ich wollte auch immer Marktgängerin sein und jetzt bin ich es endlich – in der Großstadt habe ich es nie hinbekommen. Das Leben auf dem Land entschleunigt mich auf jeden Fall. Ob mein jetziger Wohnort die letzte Station ist, kann ich nicht sagen. Im Moment fühlen wir uns alle sehr wohl hier. Ist das nicht mehr der Fall, wird es an der Zeit sein, weiterzuziehen.

Vielleicht mache ich irgendwann meinen Traum vom eigenen Laden mit Café wahr. Am liebsten in Italien, vielleicht sogar in Rom, wo ich während meines Studiums gelebt habe – ich mag die Wärme, das Lebhafte und die Leichtigkeit dieser Menschen. Mit meinem Mann war ich auch schon dort und würde gerne wieder mal mit ihm hin. Wir haben zusammen schon große Reisen gemacht, zum Beispiel mit Rucksack und Zelt durch Norwegen und Schottland, wo wir die Zweisamkeit in der Einsamkeit erlebt haben. Aber das städtische Flair mit neuen Menschen und Aperitivo ist auch schön.

Ich bin ein großer Fan von Tauschen. Statt immer Geld für etwas auszugeben, mag ich es, meine selbstgemachten Sachen – seien es Lebensmittel oder etwas Genähtes – für andere nützliche Dinge herzugeben. Das reduziert meinen Konsum und ich komme automatisch mit anderen Leuten in den Austausch. Mit meinem kleinen Sohn will ich dieses Jahr Gemüse anbauen, das ist perfekt zum Tauschen mit Freunden und Nachbarn.

Mein liebstes Ritual am Tag ist Tanzen. Das tut mir richtig gut. Dann habe ich Lust auf jeden neuen Tag, auf alles Neue und Herausfordernde – dann bin ich lebendig!

KAY

“Wir Menschen sind ja Rudeltiere und gemeinsam am stärksten. Zu viel Einsamkeit tut nicht gut, genauso wie Machtgehabe.”

Ich habe vor Kurzem einen neuen Job als Technischer Zeichner in einem Brandschutzbüro angefangen, wo ich Flucht- und Rettungspläne erstelle. Ich bin sehr dankbar für diese Stelle, denn mit meiner ADHS-Diagnose ist es nicht selbstverständlich, einen guten Arbeitsplatz zu bekommen, zumal mit Kollegen, die mich so nehmen, wie ich bin. Mein Alltag ist nunmal von Stimmungsschwankungen geprägt. Ich arbeite an mir, um achtsamer in meinen Reaktionen zu sein und meine Anforderungen an mich selber runterzuschrauben, denn mein Perfektionismus kann mich ganz schön stressen.

Zufrieden mit mir selbst zu sein ist mein Ziel. Und Zeit mit meinen beiden Kindern zu verbringen, die ich alle zwei Wochen bei mir habe. Ich möchte ein guter Papa sein, für meine Kids da sein und ihnen etwas fürs Leben mitgeben und beibringen. Außerdem geht es mir einfach besser, wenn ich mit ihnen zusammen bin. Ich verbringe am liebsten Zeit mit ihnen in der Natur, im Wald und im Park, auf Spielplätzen, an Seen und beim Fahrradfahren. Mein Wunsch ist es, irgendwann mal mit ihnen ins Ausland zu fliegen und die Welt zu erkunden.

Hätte ich die Möglichkeit, würde ich nach Las Vegas ziehen, mich meiner Passion als Poker-Spieler hingeben und nebenbei Golfen. Und ich würde regelmäßig meinem liebsten Football Team beim Spielen zuschauen, die Greenbay Packers aus Wisconsin. Ich fand damals ihren ehemaligen Quarterback cool und habe dann angefangen, mich mit dem Team zu beschäftigen. Football, habe ich dann festgestellt, beruhigt und entspannt mich.

Was ich auch mag, ist Menschen zu bewegen, sie zum Lachen oder Nachdenken zu bringen. Ich kann mir gut vorstellen, irgendwann mal auf der Bühne zu stehen oder bei Film- und Fernsehprojekten dabei zu sein. Denn da geht es vor allem um Kommunikation und es kommt auf das Miteinander an. Wir Menschen sind ja Rudeltiere und gemeinsam am stärksten. Zu viel Einsamkeit tut nicht gut, genauso wie Machtgehabe. Wir sollten alle schauen, dass wir offen miteinander reden und uns gegenseitig zum Glück verhelfen. Zumindest für mich gilt: Wenn andere glücklich sind, bin ich es auch.