BJÖRN

“Meine Kinder sind mein charakterlicher Spiegel – sie zeigen mir, wo ich wahrhaftig bin und wo nicht. Klar, ich bin manchmal auch echt wütend auf sie und spüre dennoch eine unbändige Liebe zu ihnen.”

Ich bin Musiker. Ich spiele Schlagzeug, unterrichte, gebe Workshops, werde als “Hired Gun” und Schlagzeugtechniker gebucht. Hier in Leipzig bin ich mit der Blues-Szene verbandelt. Die bisher spannendsten Erfahrungen als Musiker waren zum einen ein Chorprojekt der Uni Leipzig in der Elbphilharmonie Hamburg, wo mich der tierische Klangkörper dieses Gebäudes beeindruckt hat – eine unglaubliche Sound-Architektur. Ein anderes Mal habe ich als Drumtech Stewart Copeland betreut, den ehemaligen Drummer der Band The Police. Ich konnte ihm aus zwei Metern Entfernung beim Spielen über die Schulter gucken, das war sehr eindrücklich.

Ich übe mich immer wieder im Spagat, meiner künstlerischen Seele und meiner Verantwortung als Papa gerecht zu werden. Als Papa von drei Kindern kann ich nicht immer so produktiv sein und aus meinem Talent schöpfen, wie ich möchte. Da frage ich mich auch: Muss es immer um Produktivität gehen? Ich glaube, ich bin schon sehr auf Effizienz gepolt und auch in meinem Umfeld erkundigt man sich eher danach, was jemand gerade macht, anstatt zuallererst zu fragen, wie es der Person geht.

Jedenfalls habe ich zwei Dinge gelernt, die neben allen Verpflichtungen mein Musikerherz lebendig halten: Ich nehme mir abends Zeit, in meinem Raum zu üben und mich auf Projekte

vorzubereiten. Und ich habe das mentale Üben für mich entdeckt. Zudem betreibt meine Frau den Secondhand Shop “Hilde tanzt” im Leipziger Westen und da unterstütze ich sie natürlich, wo ich kann. Da bleibt nicht mehr viel Zeit über.

Wenn ich so überlege, hat sich die wichtigste Weiche für mein jetziges Leben schon mit 17 Jahren gestellt. Ich war damals in der 10. Klasse, spielte seit sieben Jahren Schlagzeug und stand vor der Entscheidung, weiter Schule zu machen oder eine Ausbildung. Ich wollte gerne Hubschrauberpilot werden und bin dafür zur Aufnahmeprüfung bei der Bundeswehr in Berlin gegangen (Heute käme die Bundeswehr für mich aber nicht mehr in Frage!). Als ich danach auf dem Weg von der Kaserne zurück zur Bahn an einem Musikladen vorbeikam, habe ich mir dort spontan ein paar Stöcke gekauft. Einige Tage später kam die Absage von der Bundeswehr und ich hatte mein Zeichen, in welche Richtung ich gehen sollte.

Ich wollte auch immer Papa werden, das war ganz klar. Aber erst mit der Geburt meines ersten Kindes mit Mitte 20 habe ich realisiert, welche Verantwortung man dann trägt. Meine Kinder sind mein charakterlicher Spiegel – sie zeigen mir, wo ich wahrhaftig bin und wo nicht. Klar, ich bin manchmal auch echt wütend auf sie und spüre dennoch eine unbändige Liebe zu ihnen. Egal was hochkommt, ich will einfach immer wieder weitermachen. Und auch als Schlagzeuger möchte ich nicht aufhören, an mir zu arbeiten und will mir noch mit 75 Zeit nehmen, einmal die Woche zu üben. Just keep on keeping on…