“Beim Schreiben nehme ich die Welt als Fluss wahr, in den ich meine Füße halte. Je nachdem, an welchem Ort ich bin, schreibe, denke und fühle ich anders.”
Ich bin in Paris geboren und in den Bergen von Grenoble aufgewachsen. Von den Alpen aus zog es mich mit gut 17 Jahren in die Welt. Seitdem bin ich ein “territory bastard”, ein Nomade. Ich lebe immer da, wo ich bin.
Jetzt, mit Mitte 40, versuche ich eine Heimat zu finden. Ich suche ein Haus bei meiner Familie in der Normandie, um später ein Dach über dem Kopf zu haben. Und ich glaube auch, dass ich in diesem Leben erfahren soll, wie es ist, einmal irgendwo sesshaft zu werden.
Das nomadische Leben macht für mich aus mehreren Gründen Sinn. Zum einen glaube ich an die lebendige Form des Seins, in der sich alles ständig bewegt, wo Gefühle und Gedanken kommen und gehen. Deshalb gibt es in meinen Augen auch keine universelle Wahrheit, sondern immer nur die eigene Wahrnehmung der Welt. Zum anderen schreibe ich Gedichte und nehme beim Schreiben die Welt als Fluss wahr, in den ich meine Füße halte. Je nachdem, an welchem Ort ich bin, schreibe, denke und fühle ich anders. Das beeinflusst und bereichert meinen Ausdruck.
Als Schriftsteller, Schauspieler und Moderator ist Sprache mein wichtigstes Instrument. Schon während meines Studiums der Philosophie und Kunstgeschichte hat mich die Ausdruckskraft von Sprache fasziniert. Mit jeder Sprache, die ich spreche, bin ich immer jemand anders und entwickle einen neuen Charakter. In Deutschland zum Beispiel halte ich mich ein bisschen mehr zurück und verhalte mich ruhiger als in Frankreich, wo ich durchaus laut und aufgeweckt bin.
Im Austausch mit anderen Menschen ist mir zuhören wichtiger als reden. Wer zuhört, öffnet sich für andere Menschen. Und auch für die Natur, die permanent zu uns spricht. Leider ist unsere Welt in vielen Teilen seelisch flach, es geht immer ums Ego und ums Geld. Ich glaube aber, dass der Zugang zur Spiritualität irgendwann zurückkommt. Immerhin sind wir alle sterblich. Vielleicht würde uns ein bewusster Umgang mit dem Tod dabei helfen, im Hier und Jetzt zu leben, statt immer schon an Morgen zu denken. Früher haben die Großeltern die Kinder erzogen, da hat man das Altern der Menschen natürlicherweise mitbekommen und war das Thema Tod ganz automatisch präsent.
Für mich beginnt nun der zweite Teil meines Lebens, für den ich aktuell einen klaren Weg suche. Ich habe schon mehrmals Umbrüche erlebt, aber jetzt merke ich, dass ich älter werde und dass meine Fähigkeiten zwar zunehmen, aber das soziale Spektrum mit der Zeit immer kleiner wird, wenn man kein gewöhnliches Leben führt. Was kann man damit anfangen? Kunst und Leben, weiter. Und sich so immer wieder erneuern.
Auf persönlicher Ebene denke ich vor allem an meine Gesundheit, weshalb ich angefangen habe, regelmäßig Tai Chi und Atemübungen zu machen. Und auf gesellschaftlicher Ebene wünsche ich mir, meine Kraft und Fähigkeiten in kollektive Projekte einzubringen, sei es ein Filmdreh, ein Event oder eine Ausstellung. Aber jetzt gehe ich erstmal eine Runde in den Garten zum Schreiben.